Zauberkräfte
- Gastautor

- 21. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Wir sind auf dem Heimweg von der gefühlt zehnten Elsa-Eisköniginnen-Geburtstagsparty des Jahres. Ich bin mit meinen Gedanken schon beim Abendessen richten, bei Vorbereitungen für den nächsten Tag, bei allem was heute noch zu erledigen ist,…
„Mama, wie geht denn Sex?“, ertönt die zarte Stimme der 4-Jährigen aus der zweiten Sitzreihe.
Ich zucke zusammen. Beinahe hätte ich eine Vollbremsung hingelegt. Dass diese Frage irgendwann kommt, war mir bewusst. Doch jetzt schon?

In meiner Familie wurde alles, was sich zwischen Bauchnabel und Knien abspielt, wenig thematisiert, eher tabuisiert. Woher die Kinder kommen, wie sie geboren werden,… „Das wirst du schon noch lernen“, wurden Fragen dahingehend abgetan. Wider Erwarten war der Aufklärungsunterricht für die Suche nach meiner Weiblichkeit wenig hilfreich: „Habt ihr das jetzt alle verstanden? Das ist wichtig, damit ihr nicht schwanger werdet.“, erinnere ich mich an die Worte der Biologie-Lehrerin in der Unterstufe.
Während in der Schule dann schon getuschelt und heimlich Tampons unter der Bank hin- und hergeschoben wurden, wartete ich mit 17 Jahren immer noch auf meine erste Blutung. Ich funktioniere nicht. Ich bin keine richtige Frau. Der Satz eines Arztes, von wegen ich „könne sowieso nie schwanger werden“, hat in mir eine große Krise ausgelöst. Ich hatte den Kontakt zu meinem Inneren in einer so sensiblen Zeit verloren.
Vielleicht hat genau diese Krise dazu beigetragen, dass ich einen Lebensweg wählte, an dem ich immer wieder aufs Neue Zeuge weiblicher Kraft sein sollte. Die Verbundenheit zu mir selbst, zu meinem Inneren, fand ich allerdings erst in der Nacht in der meine Tochter geboren wurde. (Ja! Ich bin schwanger geworden. Ganz natürlich mit meinem eigenen Rhythmus!) Die Kraft der Wehen, die Arbeit, das Gefühl der vollständigen Hingabe sagten mir: „Mein lieber Körper. Du funktionierst so wunderbar. Auf deine so einzigartige Weise!“. Ich fühlte mich nach der Geburt wie die Eiskönigin persönlich. Ich hatte es geschafft. Ich habe weibliche Kräfte.
Ein „Maaaamaaaaa“ holt mich gedanklich zurück ins Auto. „Wie denn nun?“. Ich hole tief Luft und frage: „Was weißt du denn darüber schon Lena?“. „Ja, fünf geht so“, sagt sie und streckt ihre Hand nach vorne, sodass ich sie sehen kann. „Und wie muss ich zeigen, wenn ich sechs Jahre alt werde?“. „Dann nimmst du den Daumen der anderen Hand dazu“, antworte ich ihr, für den Moment unfassbar erleichtert. Mit einem Schmunzeln im Gesicht biege ich in unsere Straße ein und mir ist klar: Wenn diese Frage kommt, will ich keine Märchen erzählen. Nicht von Bienchen und Blümchen, nicht von Störchen. Ich will meiner Tochter Wertschätzung vorleben.
Ich will ihr eine Wegbegleiterin sein auf ihrem Weg zum Frau-sein, auf der Suche nach ihrer inneren Weiblichkeit. Ich will, dass sie immer weiß, wie wertvoll, besonders und einzigartig sie ist. Ich wünsche mir, dass sie immer spürt, dass alle Frauen Zauberkräfte haben – nicht nur Elsa!







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